Berlin Mitte hasst Vermieter – Hausdurchsuchung

Berlin ist immer eine Reise wert. Aber kaum ist man dort angekommen hat man es nicht leicht. Keine Wohnung, Bezahlung mies. Und dann noch die nicht-funktionale Verwaltung. Als Bürger sollte man lieber einen Bogen um die Stadt machen. Und als Vermieter erst recht.

Was war passiert? Ich habe eine Wohnung vermietet. Als Wohngemeinschaft mit 5 einzelnen Zimmern. Mietdauer ab 3 Monate. Buchung gerne digital, also über Plattformen wie Airbnb und andere. Anmeldung möglich. Steuern werden gezahlt.

Das Bezirksamt Mitte erhält eine Ordnungswidrigkeitsanzeige. Tatsache: Bei der Aufklärung eines Verkehrsdelikts von 100 Eur wird ein englischsprachiger Mieter angetoffen. Der Mieter sagt: Ich bin mit Airbnb hier. Keine weiteren Fragen, Namen, etc nicht relevant.

Das Ordnungsamt schreibt: Sie müssen eine Registriernummer haben. Ich antworte, dass es sich nicht um Tourismus handelt und bei 3 Monaten Mindestdauer das nicht erforderlich sei.

Das Ordnungsamt: Bitte zahlen Sie 16.800 Eur Strafe für vorsätzliche Zweckentfremdung (Bescheid bussgeld airbnb) Ich: Widerspruch. Die Sache geht zum Amtsgericht Tiergarten/Mitte. Der Beweis: Meine Bewertungshistorie aus 14 für Dritte betreuten Objekten.

So definiert das Bezirksamt Vorsatz:

Sie haben mindestens seit Oktober 2018 Kenntnis davon, zweckwidrig die Zimmer Ihrer o.g. Wohnung zu vermieten. Mit dem verwaltungsrechtlichen Anhörungsschreiben vom 16.10.2018 habe ich Ihnen den ordnungswidrigen Sachverhalt zur Kenntnis gebracht. Demzufolge handeln Sie zumindest ab Oktober 2018 in Kenntnis und damit wissentlich und willentlich und erfüllen somit den vorsätzlichen Tatbestand der Ordnungswidrigkeit

Meine Antwort, es handle sich um Vermietung ab 3 Monaten wird völlig ignoriert. Wenn man also Unsinn widerspricht wird es einem als Vorsatz ausgelegt?

Pfiffig auf Seiten des Bezirksamts: Um die Mittel im weiteren Verfahren richtig hart zu machen, wird ein Zeitraum von 10 Monaten genannt. 10 x 1.500 Eur gibt dem Richter ganz andere Möglichkeiten.

Der Richter: Sie (der Vermieter) müssen lügen! Ich: wo sind denn die Beweise des Bezirksamts? Der Richter: das ist hinreichend belegt (mit einer wilden Fahne von Airbnb-Bewertungs-Screenshots). Ich ordne eine Hausdurchsuchung an. Ich: Widerspruch. Der Richter: Widerspruch ist nicht möglich. Es sei keine Einschränkung meiner Verfassungsrechte, und auch nicht unverhältnismäßig, da es von Airbnb eben keine Daten aus dem Ausland gibt.

Im Nachgang erfahre ich noch, dass der Richter auch eine vollständige Kontoabfrage bei der Bafin angefordert hat, was wegen „Ordnungswidrigkeit“ von der Bafin abgelehnt wird

Jetzt bin ich erstmal sprachlos. Vermieten führt also jetzt schon zu Hausdurchsuchung und Kontoabfrage.

So fasst es mein Anwalt zusammen:

Der Betroffene nimmt zur Kenntnis, dass in einem Bußgeldverfahren ohne jede konkrete Beschreibung eines angeblichen Verstoßes oder Belegen im vermeintlichen Tatzeitraum dennoch Wohnungsdurchsuchungen durchgeführt und die Einholung von Bankauskünften angedroht wird, verbunden mit der weiteren Drohung, dies dem Einkommensteuerfinanzamt zu übersenden, offenbar um dem Betroffenen größtmögliche Probleme zu bereiten. Offenbar wird – ebenfalls ohne jedweden Anhaltspunkt – dem Betroffenen auch noch ein Steuervergehen unterstellt. Dies stellt für meinen Mandaten eine unnötige emotionale Härte und eine drastische Ein-schränkung seiner Grundrechte dar.

Die Durchsuchung erfolgt tatsächlich, eines Mai-Morgens 2020 um kurz vor sieben morgens zerrt die Polizei meine Mieter aus der Dusche und aus dem Bett. Keiner der Anwesenden ist ein Tourist. Eine Mieterin ist so entsetzt, dass sie fristlos kündigt. Die anderen nehmen es mit Humor. Einer der Mieter ist sogar bereit für mich als Zeuge aufzutreten. Die Durchsuchung wird übrigens im Anschluss noch auf eine weitere Wohnung und auf unser Büro ausgeweitet, wo allerdings wegen Corona-Lockdown niemand anzutreffen ist. Laut Durchsuchungsprotokoll wird nichts gefunden, allerdings wäre Akten und Computer mitzunehmen. Ich stelle mir vor, ich würde nun für 1-2 Jahre ohne Computer auskommen müssen.

Die Begründung des Richters Gutman ist wie folgt: „andere weniger eingreifende Ermittlungsmaßnahmen sind nicht ersichtlich“… Das Reizwort Airbnb scheint also schon auszureichen, um Verhältnismäßigkeit zu erzeugen.

Richter segnet Durchsuchung ab

Wir reichen also dann trotz des weiteren Mangels an jeder Form von Beweisen die Buchungen ein. Alle Buchungen sind sauber ab 3 Monate, nur eine ist wegen einer Stornierung kürzer. Besondere Freude haben wir bei einer Akteneinsicht, als sich herausstellt, dass das Bezirksamt anhand von 9 Bewertungen „in einem Monat“ daraus schließt, das es um eine Ferienwohnung gehen muss, da neun Bewertungen in 5 Zimmern in einem Monat nicht schaffbar seien – und mein Favorit: Ich reise als Gast nach Wien, und auch diese Bewertung wird zum Beweis meiner Vermietertätigkeit.

Aufgrund unserer vorgelegten Belege wird das Verfahren am Ende ohne Gründe eingestellt und alle Kosten trägt das Land Berlin. Das Bezirksamt sah sich nie in der Pflicht, selbst Beweise zu erbringen. So ergeht es Vermietern in Berlin. Auch schon mal drüber nachgedacht doch zu verkaufen?

Hier die Learnings aus dieser Sache

  1. Immer regelmäßig Kopien machen, die nächste Durchsuchung kommt bestimmt.
  2. Vermieten bringt in Berlin eine Hausdurchsuchung, also lieber Drogen oder andere Illegale Sachen machen, da ist die Beweishürde viel höher
  3. Regelmäßig das Airbnb-Konto neu erstellen. Die Bewertungshistorie bringt einen ohne Vorteile direkt unter Verdacht.
  4. Immer schön Steuern zahlen – das Bezirksamt gibt sie nämlich gerne für unsinnige Ermittlungen aus